Abwehrstörung – Antikörpermangelerkrankung
Eine angeborene Abwehrstörung kann sich in vielen Weisen zeigen, in den allermeisten Fällen äußert sie sich als erhöhte Infektanfälligkeit.
Die häufigsten angeborenen Abwehrstörungen sind verschiedene Antikörpermangelerkrankungen. Prinzipiell können diese in der Kindheit, jedoch auch erst im Erwachsenenalter auftreten. Meist merkt man eine erhöhte Anfälligkeit für Infekte der oberen Luftwege, wie z.B. Bronchitis, Nasennebenhöhlenentzündungen, Mittelohrentzündungen und in manchen Fällen auch Lungenentzündungen. Wenn solche Infektionen gehäuft auftreten, sollte man eine unterliegende Abwehrstörung abklären.
Es gibt verschiedene Antikörpermangelerkrankungen, denen allen ein Defekt in der Bildung von Antikörpern zugrunde liegt. Es gibt 5 verschiedene Arten von Antikörpern (= Immunglobulinen): IgA, IgM, IgG sind die wichtigsten für die Abwehr von Bakterien und Viren. Am häufigsten kommt der IgA-Mangel vor, wobei nur IgA (Immunglobulin A) nicht genügend produziert wird. IgA wird u.a. an den Schleimhäuten im Mund, Nase, aber auch im Darm gemacht und ist an diesen Orten für die erste Abwehr gegen Bakterien und Viren zuständig. Aus diese Grund kommt es bei einem IgA Mangel meist für zu Bronchitis oder Nasennebenhöhlentzündungen. In den allermeisten Fällen ist keine besondere Therapie vonnöten, außer Antibiotika, um die Infekte zu behandeln. Manchmal muss man diese auch prophlyaktisch geben, um Infekte zu verhindern.
Weitere, leichtere Formen des Antikörpermangels sind auch die „spezifischen Antikörpermangelsyndrome“ (bei denen die Funktion der IgM und IgG Antikörper gegen gewisse Erreger gestört ist). Wie beim IgA Mangel ist hier hauptsächlich eine Antibiotikatherapie im Bedarfsfall nötig.
Ein schwereres Antikörpermangelsyndrom ist die CVID (common variable immunodefinciency), bei der die gesamte Antikörperbildung (IgA, IgM und vor allem IgG) gestört ist. Diese ist deutlich seltener als der IgA mangel und führt auch zu einer Infektanfälligkeit in den oberen Luftwegen wie Bronchitis, Ohrentzündungen oder Nasennebenhöhlenentzündungen. Im Gegensatz zum obengenannten IgA Mangel kann dieser Antikörperdefekt so ernst sein, dass durch die wiederkehrenden Infekte Lungengewebe zerstört wird, oder andere Komplikationen wie Darmentzündungen auftreten. Wenn die Antikörperspiegel gewisse Grenzen unterschritten haben, oder die Funktion deutlich ungenügend ist, kann es notwendig werden, eine Therapie mit Immunglobulinen zu verabreichen. Hierbei werden gereinigte Blutbestandteile (Immunglobuline) von Blutspendern entweder wöchentlich oder monatlich gegeben. Die geschieht entweder mit einer Infusion in die Vene oder unter die Haut.
Im schlimmsten Fall kann es zu einem vollkommen Fehlen der Antikörper (XLA, X-linked agammaglobulinemia) kommen, was meist in der frühen Kindheit schon bemerkt wird. Wegen des vollständigen Fehlens von beschützenden eigenen Antikörpern, wird diese Erkrankung schon von Beginn an mit der regelmäßigen Gabe von gereinigten Antikörpern von Blutspendern behandelt.
Darüberhinaus gibt es eine breite Palette an sogenannten „zellulären Immundefekten“, in denen die Funktion oder die Anzahl verschiedener Abwehrzellen beeinträchtigt ist. Je nachdem, welche der Zellen nicht genügend gebildet wird oder ungenügend funktioniert, treten andere Arten von Infekten auf. So werden hier oft virale Infekte wie Warzen, oder andere Viren, die bei gesunden Menschen rasch und effizient bekämpft werden, zu einem langem und manchmal gefährlichen Krankheitsprozess. Auch sogenannte opportunistische Erreger (z.B. bestimmte Pilze), die bei einem Gesunden üblicherweise keine Probleme verursachen, werden für Patienten mit zellulären Immundefekten zum Problem und müssen dann mit starken spezifischen Antibiotika / Anti-Pilzmitteln / Anti-Virenmitteln behandelt werden. Die meisten dieser Erkrankungen sind sehr selten und werden zum überwiegenden Teil in der Kindheit entdeckt. Manchmal ist die einzige Möglichkeit der Behandlung eine Stammzelltransplantation.
Es werden stets neue Erkrankungen entdeckt, weil gerade dieses Feld der Medizin durch die neuen Techniken der Molekularbiologie große Fortschritte macht.
Behandlung von Antikörpermangelerkrankungen
Wie schon erwähnt, ist die Therapie abhängig von der “Schwere” der Erkrankung und Infekthäufigkeit. Sie reicht von vorbeugender Antibiotikagabe über Gabe von Immunglobulinen (Antikörper) bis hin zur Knochenmarkstransplantation. Letztere erfolgt nur bei besonders schweren Fällen, die üblicherweise schon in der Kindheit diagnostiziert werden.